Gläserne Bienen by Jünger Ernst

Gläserne Bienen by Jünger Ernst

Autor:Jünger, Ernst [Jünger, Ernst]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-06-12T16:00:00+00:00


10

Zapparoni war gleich am Anfang eine Stelle aufgefallen, die den Beginn des Zeitalters der Weltkriege betraf. Fillmor erwähnte die großen Anfangsverluste, die er zum Teil auf die Unerfahrenheit der Truppe zurückführte. Sie waren unter anderem dadurch entstanden, daß der Gegner weiße Flaggen gezeigt und das Feuer wiederaufgenommen hatte, als die sorglos Gewordenen sich ungedeckt näherten. Zapparoni wollte nun von mir wissen, ob ich Ähnliches erlebt hätte und ob es sich um eine übliche Kriegslist handle.

Die Frage kam mir gelegen; ich hatte darüber nachgedacht. Anscheinend wollte Zapparoni nach der verunglückten Begrüßung das Gespräch auf ein Gebiet bringen, in dem er mir Erfahrung zutraute. Das ließ sich nicht übel an.

Was die weißen Fahnen betrifft, so zählen sie zu den Requisiten der Gerüchte, die bald nach Eröffnung der Feindseligkeiten auftauchen. Sie sind zum Teil durch Journalisten erfunden, deren Aufgabe darin besteht, den Gegner zum Schwarzen Mann zu machen; zum Teil ist, wie auch in diesem Falle, etwas Wahres daran.

Innerhalb einer Besatzung, die angegriffen wird, ist der Wille zum Widerstand nicht so gleichmäßig verteilt, wie es dem Angreifer erscheint. Wenn die Lage bedrohlich wird, bilden sich Nester — in einigen will man sich um jeden Preis verteidigen, während in anderen die Sache als verloren betrachtet wird. So kann es zu Bildern kommen, bei denen die angreifende Mannschaft abwechselnd durch Zeichen der Ergebung in Sicherheit gewiegt und dann mit Feuer überschüttet wird. Sie leidet die Wirkung, ohne daß sie die Mannigfaltigkeit der Antriebe erkennt, und nimmt als Nacheinander, was Nebeneinander ist. Notwendig kommt sie zu dem Urteil, daß sie in einen Hinterhalt gelockt wurde. Es handelt sich um eine optische Täuschung, die zwingend ist. Sachlich betrachtet, hat sie sich mit einem gefährlichen Gegenstand befaßt, ohne die Vorsicht zu wahren, die er verlangt. Wir machen dieselbe Erfahrung, wenn wir uns an einem zweischneidigen Messer verletzen, das wir dann an die Wand schleudern. Der Handelnde ist für die Tücke des Objekts verantwortlich, nicht umgekehrt. Der Fehler liegt beim Angreifer. Der Führer, der seinen Leuten die sorglose Annäherung erlaubte, hat sein Handwerk nicht beherrscht. Er hatte Manöverbilder im Kopf.

Zapparoni hatte sich, zuweilen freundlich nickend, diese Ausführung angehört.

»Nicht übel, wenngleich allzu menschlich — gut, daß Sie auch gleich ein Rezept wissen. Der Himmel bewahre uns vor solchen Umtrieben. Der Marschall läßt sich auf so umständliche Erwägungen nicht ein.«

Er lachte behaglich, um dann näher auf den Gegenstand einzugehen.

»Wenn ich Sie recht verstanden habe, liegen die Dinge etwa so: ich stehe mit einem Konkurrenten, sagen wir einem Konzern, in Verhandlungen. Ich treibe die Leutchen in die Enge — sie machen mir ein günstiges Angebot. Ich treffe meine Vorbereitungen, mache Mittel flüssig, stelle Reserven bereit. Im Augenblick, wo unterzeichnet werden soll, wird mir eröffnet, daß ich mit einer Untergruppe verhandelt habe und daß man zu nichts verpflichtet ist. Inzwischen hat man sich erholt oder mit meinem Angebot hausiert. Der ganze Handel soll von vorn anfangen.«

Er machte eine Pause und fuhr dann fort:

»Das ist ein Manöver, das nicht gerade selten ist. Es ist möglich, daß ich mit Teilhabern, die ihre Befugnisse überschritten, zu



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